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Musiktherapie in Heil- und Sonderpädagogik
Frauke Schwaiblmair
Einführung in den Arbeitsbereich
Musiktherapie ist seit Jahrzehnten Bestandteil des therapeutischen Förderangebotes für Kinder und Jugendliche aber auch Erwachsene mit Entwicklungsstörungen und Behinderungen. Das musikalische Angebot und gemeinsame Musizieren im Rahmen der Musiktherapie ermöglichen den Patienten oder Klienten entwicklungsfördernde Erfahrungen. Als psychotherapeutisches Verfahren dient es darüber hinaus der Bearbeitung psychischer Störungen und Krankheitsbilder von Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen mit (kognitiven) Behinderungen. Das soziale Umfeld (Familie, Betreuungspersonal) wird je nach Bedarf in die Therapie mit eingebunden oder begleitend beraten.
Angebotsstrukturen
Musiktherapie ist häufig Bestandteil des therapeutischen Angebotes von Frühförderstellen, Sozialpädiatrischen Zentren (SPZ) oder heil- und sonderpädagogischen Einrichtungen. Psychiatrische (stationäre und ambulante) Einrichtungen bieten im Rahmen spezialisierter Behandlungskonzepte für Menschen mit Intelligenzminderung auch Musiktherapie an, die Wartezeiten auf einen entsprechenden Behandlungsplatz sind jedoch unverantwortlich. Leider ist das Angebot in den Institutionen für Erwachsene mit Intelligenzminderung (stationäre Wohnformen, Werkstätten für Menschen mit Behinderung) sehr gering, obwohl der Bedarf zum Erhalt und Wiedererlangen psychischer Gesundheit sehr hoch wäre. Die ambulanten Versorgungsstrukturen für diesen Personenkreis sind auch bei weitem nicht ausreichend.
Die Therapieziele werden individuell formuliert und die musiktherapeutischen Interventionen den Bedarfen angepasst. Dabei können neben der psychischen Befindlichkeit auch die Motivation zu vokalen/verbalen Ausdruck oder zur Bewegung im Fokus stehen.
Musikalisch kann eine große Bandbreite angeboten werden: Singen und Tanzen bekannter (Spiel-)Lieder, frei erfundene zur Situation passende Lieder bis hin zum freien Improvisieren mit Instrumenten. Die multisensorische Verwendung von Klangangeboten, wie Kastanien auf einer großen Trommel oder die gesungene Bewegungsbegleitung beim Schaukeln auf dem Schoß oder der Hängematte ermöglichen die Verknüpfung unterschiedlicher Sinneswahrnehmungen und erweitern die individuellen Ausdrucksmöglichkeiten.
Dabei wird dem Patienten/Klienten in jedem Lebensalter der Raum zur Eigeninitiative gegeben: jede:r kann sich seine Instrumente suchen, Musiktherapeut:innen begleiten und unterstützen die Person dabei, ihren eigenen musikalischen Ausdruck zu finden. Die im Spiel entstehenden Klänge, Lieder oder Musikstücke sind auch Ausdruck der momentanen Befindlichkeit des Menschen mit Behinderung. Hier fließen auch vergangene Erfahrungen und Wünsche mit ein, die Musiktherapeut:innen auf einer nonverbalen Ebene beantworten und bearbeiten können. Das bedingungslose Annehmen und Reagieren auf die emotionalen Äußerungen ermöglichen neue Erfahrungen und Veränderungen auch im Spiel. Die im musiktherapeutischen Setting zu beobachtenden Entwicklungsschritte werden im Laufe der Zeit auf andere Lebensbereiche übertragen.
Personen jeden Alters, die aufgrund der Schwere ihrer Behinderung (noch) nicht zur Eigeninitiative in der Lage sind, bekommen Klangerfahrungen/Musik vorgespielt, zum Teil auch sensorisch spürbar wie bei einer Klangwiege. Dabei reagieren Musiktherapeut:innen auf kleinste Veränderungen in Mimik oder Atmung, um dem Menschen mit Behinderung das Erleben von Selbstwirksamkeit zu ermöglichen.
Musiktherapie eignet sich besonders für Personen mit (kognitiver) Behinderung, die …
… sich in Kontakt und Kommunikation mit Mitmenschen schwertun.
… sich eher zurückziehen und ängstlich sind.
… passiv auf Anforderungen ihrer Umwelt reagieren.
… die ihre Emotionen nicht regulieren können und schnell aggressiv werden.
… hinter ihren eigentlichen Möglichkeiten zurückbleiben.
Feedback der Teilnehmer:innen
Das gemeinsame Musizieren im musiktherapeutischen Setting stärkt die Persönlichkeit und kann zu mehr Ausgeglichenheit und Zufriedenheit führen. Patient:innen formulieren häufig, die Behandlung tue ihnen gut und sie würden gerne weiter musizieren. Im Sinne der Inklusion und der UN-Behindertenrechtskonvention wäre es notwendig, musikalische Freizeitangebote für Menschen mit (kognitiven) Behinderungen in allen Lebensbereichen auszubauen. Entsprechende inklusive Programme zum Beispiel an Musikschulen sind ein niederschwelliges Angebot zum Erhalt der psychischen Gesundheit.
Kontakt
Arbeitskreis "Musiktherapie in pädagogischen Settings"